Südwest Presse, 14.01.2013

Cello-Triller an der Moldau

von ANTONIA LEZERKOSS

Schöne Stunden mit einer exzellenten Darbietung der Jungen Sinfonie Reutlingen bereiteten die Volksbanken Hohenzollern und Balingen ihren Gästen, Kunden und Mitarbeitern bei ihrem Neujahrskonzert.

Keinen freien Platz mehr gab es beim Neujahrskonzert der Volksbanken Hohenzollern und Balingen am Freitagabend im festlich geschmückten Saal des Hechinger "Museum". Franz Steinhart, Vorstand der Volksbank Hohenzollern, hieß das Publikum willkommen und erwähnte in einem kurzen Rückblick auf das abgelaufene Jahr, das sich wirtschaftlich und finanztechnisch als sehr tubulent erwiesen habe, dass sich die Grundsätze der Volksbanken auch oder gerade besonders in unruhigeren Zeiten bewährt hätten.

Steinhart freute sich mit den vielen Gästen auf die musikalische Darbietungen der Jungen Sinfonie Reutlingen unter Leitung ihres Dirigenten Rainer M. Schmid. Mit "Bekanntem, Beliebtem und Bewegtem" verzauberten die Musiker und die beiden Solisten, die Sopranistin Ulrike Härter und Alexander Flamm, Trompete, mit Kompositionen von Friedrich Smetana, Alexander Arutjunjan, Arthur Honegger bis zu Heitor Villa-Lobos und Peter Schickele.

Die "Moldau", eine musikalische Landschaftsbeschreibung aus Böhmens Hain und Flur, zählt zu den bedeutendsten Werken Smetanas. Hell und frisch folgte das Orchester dem sanft-leisen Plätschern der jungen Moldau durch die grünen Auen Böhmens. Dynamisch, mit zügigen Tempi und straffer, gespannter Rhythmik setzten die Musiker den Lauf des Flusses in Musik um. Stets in lebhaftem Dialog versahen Bläser und Streicher ihren Vortrag mit belebenden Akzenten wie Cello-Triller, die die Wasseroberfläche der Moldau aufrühren. Mit sichtlicher Spielfreude folgten die Musiker der Dynamik des Flusslaufes und verbanden die ansteigenden Passagen brillant und scheinbar mühelos mit peitschenden Accelerandi. Pauken und Trompeten begrüßten den mächtig angeschwollenen, majetätisch dahinfließenden Fluss in Prag.

Das "Konzert für Trompete und Orchester" von Alexander Arutjunjan führte die Zuhörer in eine völlig andere Welt. Einsätzig, aber mehrteilig konzipiert und mit einer Solokadenz ausgestattet, verlangt das Werk dem Solisten höchstes Können ab. Scheinbar unschlüssig und verlegen stand der junge Trompeter Alexander Flamm auf der Bühne, doch nach dem einleitenden Spiel der Celli blies er die Anfangsfanfaren kraftvoll in den Raum, handhabte die schnellen Passagen elegant und ohne Mühe und brachte vom zarten Hauch bis zum temperamentvollen Fortissimo alle Nuancen des Stückes eindrucksvoll zur Geltung. Das Orchester genoss es hörbar, über die reine Begleitfunktion hinaus gefordert zu sein.

Das bedeutendste Eisenbahnstück der Konzertliteratur ist zweifelsohne Arthur Honeggers sinfonischer Satz "Pacific 231". Virtuos präzise und mit Leidenschaft vermittelten die Musiker mit ihren Instrumenten das Gefühl dafür, wie sich die schweren Räder langsam ächzend in Bewegung setzen und das Fortkommen zunehmend leichter wird, bis man mit dem Problem konfrontiert wird, wie solch ein Stahlkoloss wieder zu bremsen ist.

Heiter und spielerisch erscheinen die "Bachianas Brasileiras" für Sopran und Violoncelli von Heitor Villa-Lobos. Wohl begleitet von lebhaftem Pizzicato und sanftem Bogenstrich verlieh die Tübinger Sopranistin Ulrike Härter den technisch anspruchsvollen Miniaturen rhythmische Prägnanz, setzte gezielte Akzente und überzeugte vor allem durch eine farblich differenzierte Ausgestaltung. Eine "Surprise" zum Schluss des Konzerts war die "Unbegun Symphony" des amerikanischen Komponisten und Satirikers Peter Schickele, ein "konstruierter" Verschnitt aus verschiedenen Originalwerken. Ein Spektakel, das musikalisch irgendwo zwischen Donauwalzer, Beethoven, Mozart-Persiflage und amerikanischer Musik der Gegenwart anzusiedeln ist. Das Orchester spielte munter die teilweise irrsinnig erscheinenden Passagen und lieferte eine so überzeugende Performance ab, dass man sich nie sicher sein konnte, ob falsche Töne absichtlich oder aus Unvermögen produziert wurden. Am bemerkenswertesten war zweifellos die Ernsthaftigkeit aller Beteiligten, die trotz des kultivierten Blödsinns der Musik nie die Fassung verloren.

Bevor dem begeisterten Publikum der Wunsch nach einer Zugabe erfüllt wurde, dankte Joachim Calmbach, Vorstand der Volksbank Balingen, Gästen und Mitarbeitern für Treue und Verbundenheit im vergangenen Jahr. Gleichzeitig kündigte er an, dass Denis Eger ab 2013 die Leitung der Geschäftsstelle Hechingen übernimmt.

Flott und schmissig mit dem "Cancan" aus Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt" und dem Radetzki-Marsch beendeten die Jungen Sinfoniker aus Reutlingen ihr bejubeltes Konzert.

von ANTONIA LEZERKOSS, SWP, 14.01.2013