Das Orchester

Die Junge Sinfonie Reutlingen ist das älteste Jugendorchester Deutschlands. Das Orchester hat keinen weiteren Rechtsträger (ist also “selbständig”) und wird von der Stadt Reutlingen, dem Land Baden-Württemberg und der Gesellschaft der Musikfreunde unterstützt. Darüber hinaus ist es Mitglied der Jeunesses Musicales Deutschland. In der Jungen Sinfonie spielen vor allem ältere Schüler und Studenten, das Durchschnittsalter der gegenwärtig rund 60 “Aktiven” liegt bei etwa 25 Jahren. Um selber bei der Jungen Sinfonie mitspielen zu können, solltest du mindestens 16 Jahre alt sein und, da sehr anspruchsvolle Werke erarbeitet werden, auf deinem Instrument ausreichend Erfahrung mitbringen.

 

Wir proben immer freitagabends von 19:30 – 22:00 im Johannes-Kepler-Gymnasium, dazu gibt es zwei Orchesterfreizeiten im Jahr (Frühjahr / Sommer in Südtirol) sowie Sonderproben vor den Konzerten.

Die Konzerte finden im Regelfall in der Stadthalle Reutlingen statt. Am Ende der Probenphase im Sommer in Südtirol findet ein Konzert im wunderschönen Südtiroler Ort Terenten statt.

Bei Anfragen zum Mitspielen, Schnupperproben, Terminanfragen o.ä. wendet euch bitte direkt an die Stimmführer. Die Kontaktdaten findet Ihr unter:

Weitere Neuigkeiten sowie Bilder finden sich auf den Social-Media-Plattformen der Jungen Sinfonie Reutlingen auf Facebook oder Instagram.

Der Dirigent

Konrad Heinz

Konrad Heinz, 1986 in Tübingen geboren, studierte von 2008 bis 2013 in Frankfurt am Main Musik und Biologie auf Lehramt an Gymnasien. Orchesterleitung studierte er dabei bei Prof. Michael Böttcher, Chorleitung bei Tobias Hiller (UMD) und besuchte weitere Meisterkurse u.a. bei Prof. Colin Metters (London), Prof. Karl Heinz Bloemeke (Detmold) und Prof. Douglas Bostock (Tokio). Nachdem er viele Jahre im NWO und der JuSi als Stimmführer der Celli oder in den Bässen mitgespielt hatte, übernahm er 2010 die Leitung des Nachwuchsorchesters Reutlingen (2010-2015). Neben der Leitung des Hochschulorchesters Reutlingen (2014-2019) konnte er 2020 erstmals als Gastdirigent des Sinfonieorchesters Neckar-Alb einer weiteren Leidenschaft nachgehen: Der Verbindung von Musik und Film mit der live-Begleitung des Stummfilmes „Das Weib des Pharao“ von Ernst Lubitsch aus dem Jahr 1922.  Konrad Heinz ist Studienrat an der Jenaplanschule Mössingen und am Firstwaldgymnasium Kusterdingen. Im Sommer 2021 hat er die Leitung der Jungen Sinfonie Reutlingen übernommen.

Für Anfragen/Fragen aller Art dürfen Sie sich gerne auch direkt per Mail an unseren Dirigenten wenden.

1949

Junge Sinfonie – die Geschichte seit 1949

Der Gründer des Orchesters war Professor Erich Reustlen. Er hatte das Reutlinger Jugendorchester (erst 1995 wurde es in Junge Sinfonie Reutlingen umbenannt) 1949 als junger Student ins Leben gerufen und mehrere Jahre lang geleitet. Unter ihm und den folgenden Dirigenten Peter Marx, Norbert Bihlmaier, Jörg Huber, Jörg Stanger und dem am längsten wirkenden, vorherigen Dirigenten Rainer M. Schmid etablierte sich das Orchester fest im Musikleben der Stadt und der Region, wo es heute eine zentrale Rolle einnimmt. Regelmäßig gibt es neben den vier festen Konzertterminen pro Jahr einige weitere Auftritte in der näheren und ferneren Umgebung sowie Engagements im In- und Ausland.

Im folgenden kurzen jugendorchestergeschichtlichen Abriß soll auch die Entwicklung, die das Orchester in den nächsten Jahrzenten machte, deutlich werden.

1950

Die fünfziger Jahre

Angefangen hat alles im Herbst 1949, als Erich Reustlen das Orchester gründete. Er war damals noch Student. Bald gelang es ihm auch durch unermüdlichen Einsatz, die ursprünglich nur 13 Mitglieder zu mehren. Der Leiter der Volkshochschule, Herr Zeller, wollte einen Ersatz für das aufgelöste Volkshochschulorchester und hatte daher Reustlen mit der Orchestergründung beauftragt. Die ersten Mitglieder waren: Rainald Schanbacher (Konzertmeister), Gertraude Seyffer, Sigrid Schanbacher, Marianne With-Reustlen, Margrit Riehle-Holzhäuser, Doris Finke-Hecklinger, Rudolf Walz, Hans Riehle, Gerhard Meinck, Wolfgang Mangold, Dieter Hörz, Wolfgang Gayler und Bruno Frick. Mit Unterstützung Herrn Zellers ging es bald soweit aufwärts, daß 1951 anläßlich der Trimestereröffnung der VHS das Jugendorchester in Reutlingen ein erstes Konzert geben konnte. (Davor hatte man schon einmal in Bad Urach konzertiert.) Probenlokal in dieser frühen Zeit war das “Haus der Jugend”.

1951 wurde auch die erste Orchesterarbeitswoche am Walchensee durchgeführt. Diese Initiative Reustlens führte zu besserer Qualität durch intensivere Proben und besserem Zusammenhalt durch gemeinsame Freizeit der Orchestermitglieder – bis heute, da das Orchester seither jedes Jahr in Klausur fährt. Konzertmeister war Gerhard Meinck geworden. 1952 und 1953 ging es nach Hohebuch im Hohenlohischen.

Eine weitere Initiative, von der das Orchester bis heute profitiert, war 1954 die Gründung des Nachwuchsorchesters. Hier konnte Reustlen die jungen Musiker auf das Orchesterspiel vorbereiten, bis sie reif für das “große” Orchester waren. Nach Meinung vieler war dieser Schritt ein wesentlicher Beitrag zur Qualitätssicherung. Das Nachwuchsorchester durfte auch gleich mit auf die Freizeit des Jugendorchesters nach Kleingartach.
Die neue Konzertmeisterin hieß Gertraude Seyffer.

Wurden bisher verschiedene Orte für die Probenfreizeit gewählt, fuhr das Orchester 1956-60 auf die Kapfenburg bei Aalen. Dort sollen einige Jugendorchestermitglieder zu Gespenstern geworden sein…

Zu Ostern 1957 machte das Jugendorchester eine erste Konzertreise ins Ausland. In Roanne, St. Etienne, Lyon und Vienne spielte das Orchester mit Siegfried Sachansky als Konzertmeister und hatte großen Erfolg.

1958 wirkte das Orchester bei zahlreichen Kirchenkonzerten mit. Reustlen machte auf diese Weise mit den damals noch eher selten gespielten Werken von Johann Sebastian Bach vertraut.

Das zehnjährige Jubiläum wurde 1959 groß gefeiert. Zum Festkonzert gaben die jungen Musiker Bachs Konzert für zwei Violinen (Siegfried Sachansky und Michael Gaiser, der später Violinprofessor in Düsseldorf wurde, als Solisten), die h-moll Suite (mit Klaus Pfeifle, Flöte) und den ersten Contrapunctus aus der Kunst der Fuge.

Der damalige Oberbürgermeister rief das Publikum in seinem Grußwort zu tatkräftiger Unterstützung der Orchesterarbeit auf. Der Leiter der Volkshochschule, Herr Zeller, bezeichnete die Volkshochschule als den Vater des Jugendorchesters.

1960

Die sechziger Jahre

Im Oktober 1961 gab Erich Reustlen sein Abschiedskonzert im Alberhaus, das nun etliche Jahre den Jugendorchesterkonzerten Heimat bieten sollte. Die Zuhörerschaft war einfach stetig größer geworden.
Die Nachfolge trat Peter Marx an.

Gelangte in der Ära Reustlen noch “viel Bach” (zum Teil in Kirchenkonzerten) zur Aufführung, erschloß Marx nun das Terrain der neuen Musik, in der sich das Orchester bis heute zuhause fühlt. Unter Peter Marx wurden viele Werke uraufgeführt, zum Beispiel von Karl Michael Komma oder Karl Marx, dem Vater von Peter Marx. Der Leiter des Nachwuchsorchesters, Jörg Huber, wurde nun Konzertmeister.

Im Sommer 1962 fuhr man erstmals nach Südtirol. Von nun an organisierte Jörg Huber, genannt Gigl, die Freizeiten. Aus der Arbeitswoche waren zwei geworden. Zu den idealen Arbeitsbedingungen (Ruhe, Vollverpflegung…) kam hinzu, daß die Orchestermitglieder mehr Freizeit hatten. So mancher wird sich noch an die zahlreichen Bergtouren unter der sachkundigen Führung von Jörg Huber erinnern.
Viele Freizeiten an verschiedenen Orten in Südtirol mit etlichen Konzerten folgten dieser ersten. Seit 1966 hat sich das Dorf Terenten im Pustertal als zweite Heimat des Jugendorchesters etabliert.

Peter Marx forderte sein Orchester und es wurde noch besser. Hierzu dürften auch die längeren Arbeitswochen und das gestiegene Durchschnittsalter (von 18 auf 21) beigetragen haben. 1964 feierte das Jugendorchester seinen fünfzehnten Geburtstag mit einer Matinée. Karl Marx hatte eigens etwas komponiert. Als das Reutlinger Jugendorchester 1964 ein Konzert in Jenesien (Südtirol) geben wollte (Klaus Marx, der Bruder des Dirigenten, spielte das Stamitz G-Dur Cellokonzert), kamen keine Konzertbesucher. Das konzertfertige Orchester war vergeblich mit der Seilbahn angereist, da die Gemeinde sich im Termin vertan hatte. Das Konzert wurde dann eine Woche später nachgeholt.

Da Peter Marx 1965 als Kapellmeister an die Oper nach Passau gerufen wurde, übernahm für kurze Zeit Hans-Norbert Bihlmaier, der bei Hans Müller-Kray gelernt hatte, die Leitung. Die eigentliche Nachfolge trat dann aber Jörg Huber an, der Schulmusik studiert hatte. Er war dem Orchester sehr verbunden und hatte langjährige Erfahrungen in Orchesterleitung. Peter Marx konnte noch für einige Konzerte als Gastdirigent gewonnen werden u. a. für ein “Komma-Konzert”, bei dem der Komponist als Solist auftrat und auch eigene Werke interpretierte.

Das erste Konzert mit dem neuen Dirigenten (Jörg Huber hatte 1962 schon einmal in Südtirol ein Konzert dirigiert) wurde ein Erfolg: Vivaldis Jahreszeiten und Haydns Abschiedssinfonie mit Rainer Kußmaul als Solisten.
Es folgten viele Konzerte, die in den Nachbarorten Reutlingens wiederholt wurden. Huber war es ein Anliegen, den Gedanken musizierender Jugend in die Provinz hinauszutragen. Hierzu zählen auch die traditionellen Vorweihnachtskonzerte in Großengstingen und Ohmenhausen (für die VHS) und die Mariaberger Sommerkonzerte.
Durch diese Strategie Hubers wurde das Orchester bald in der ganzen Region Neckar-Alb bekannt.

Unter Jörg Huber gab es auch viele Muggen für das Orchester: In der näheren Umgebung wurden vor allem Chöre begleitet (Oratorien, Passionen, Weltliches,…). 1969 fuhren die jungen Leute mit dem Tübinger Studentenchor nach Aix-en-Provence, um Händels “Judas Makkabäus” aufzuführen.
Im selben Jahr konnte das Reutlinger Jugendorchester bereits auf eine zwanzigjährige Tradition zurückblicken. Gefeiert wurde mit einem Fest-, einem Kammer-, und einem Musica-nova-Konzert und natürlich mit Spirituosen.

1970

Die siebziger Jahre

Konzertmeister wurde nun Ulrich Völker, die Leitung des Nachwuchsorchesters übernahm Jörg Stanger (1969). 1971 durfte das Nachwuchsorchester zum ersten Mal alleine (ohne die Großen) zur Arbeitswoche fahren. Es ging nach Herlikofen bei Schwäbisch Gmünd. Das Jahr 1971 war auch das Jahr des ersten Silvesterkonzertes (damals im viel zu kleinen Volksbildungshaus). Hieraus sollte eine nun schon 28-jährige Tradition erwachsen: Jedesmal barsten die Säle fast vor Besuchern.

1972 fuhr das Nachwuchsorchester nach Wernau. Beim gut besuchten Konzert im Volksbildungshaus konnte es seine rapide gemachten Fortschritte unter Beweis stellen. 1973 spielte das Orchester wieder in der Listhalle. Sie war damals gerade frisch renoviert worden. Das Nachwuchsorchester durfte mit dem Jugendorchester zusammen Händels Feuerwerksmusik aufführen! Jörg Stanger war nun Konzertmeister.
Am 13. Oktober trafen sich Frieder Steininger, Bernhard Madel (Berni) und Hubert Wadepohl in der Stadt, machten einen Stadtbummel und gingen anschließend ins Café. Hieraus sollte sich eine berühmte Orchestertradition entwickeln, die “Phalanx”, wie Christof Nübel sie später nannte.
Als Hans Grischkat mit seinem Singkreis dessen 50jähriges Jubiläum feierte, erwählte er das Reutlinger Jugendorchester zur Begleitung des Chores. Was für ein Beweis für den guten Ruf, den das Orchester schon damals genoß!

1974 konnte das Reutlinger Jugendorchester bereits fünfundzwanzigjähriges Bestehen feiern. Hierfür wurde eigens von Jörg Stanger eine kleine Festschrift herausgegeben. An Konzerten gaben die Musiker mehrere Kammerkonzerte und ein Jubiläumsfestkonzert in der Listhalle, bei dem Vivaldis Jahreszeiten mit Prof. W. Keltsch und Haydns 94. Sinfonie mit dem Paukenschlag erklangen. Der Verein der Musikfreunde veranstaltete zu Ehren des Orchesters noch einen “Gesellschaftsabend”, an dem die Junge Süddeutsche Philharmonie unter Erich Reustlen das Singspiel “Bastien und Bastienne” von Mozart spielte und Professor Hirtler und Professor Komma gemeinsam am Klavier improvisierten. Durch den Einsatz des Abgeordneten Anton Pfeiffer konnte der bereits gestrichene Zuschuß des Landes doch noch gewährt werden. Das Orchester hatte schon “angedroht”, nicht nach Terenten zu fahren!

Das Silvesterkonzert 1977 fand in der Christuskirche statt. 1978, nach dreizehn Jahren Dirigententätigkeit, gab Jörg Huber sein Amt ab. Unter seiner Leitung war das Orchester nochmals flexibler geworden und die Aufführungen hatten an Qualität dazu gewonnen. Bei seinem Abschiedskonzert führte das Orchester Schuberts Unvollendete, die Ouvertüre zur Zauberflöte und das Violinkonzert von Mendelssohn mit dem Konzertmeister Frieder Steininger als Solisten auf.
Die Nachfolge trat, wie sollte es anders sein, der ehemalige Konzertmeister des Jugend- und bisherige Leiter des Nachwuchsorchesters, Jörg Stanger, an. Auch er hatte in Stuttgart Schulmusik studiert und brachte einige Erfahrung mit. Seinen erfolgreichen Einstand hatte er mit Mendelssohns achter Sinfonie und Bachs dritter Suite.
Eine Zeit lang hatte Stanger sogar noch die Doppelbelastung, gleichzeitig Leiter des Nachwuchsorchesters zu sein. Im November übernahm diesen Posten Erhard Treutlein. Er war ebenfalls ein langjähriges Mitglied des Jugendorchesters.
Neuer Konzertmeister wurde Wolfgang Brodbeck.

Zum dreißigjährigen Bestehen wurden Mozarts Titus-Ouvertüre, sein A- Dur Klavierkonzert mit Friedemann Rieger und Haydns Paukenschlagsinfonie aufgeführt. Am Sylvesterabend gestaltete das Orchester anstelle eines Konzertes einen Gottesdienst zum Jahresschluss in der Marienkirche mit.

1979 fuhr das Orchester zum letzten Mal zur Familie Schmid Wiedenhofer nach Terenten. Die Wirtsleute hatten ihr Hotel modernisiert: Der Aufenthalt wurde teurer und das lärmende Orchestervolk paßte nicht mehr so recht zu den anderen Gästen.

1980

Die achtziger Jahre

Terenten 1980 kam das Orchester erstmalig auf dem etwas abgelegeneren Raffalthof (bei Familie Schmid) unter.
Der Eintritt für Jugendorchesterkonzerte kostete damals etwa 6,- DM, ermäßigt die Hälfte. Stanger behielt die Richtung bei, die Jörg Huber eingeschlagen hatte und führte zunehmend sinfonische Werke der frühen Klassik auf und brachte dem Orchester auch romantische Werke näher. Er leistete damit die Vorarbeit für die gewaltige Entwicklung, die das Orchester noch durchmachen sollte.

1981 wurde ein Nachfolger für Jörg Stanger gesucht. Zunächst war der Kontrabassist Bertram Eppinger im Gespräch… Doch die Orchesterfreizeit in Terenten leitete bereits Rainer “Mecki” Schmid. Er hatte als studierter Oboist schon lange im Orchester und auch als Solist mitgewirkt. Zusätzlich hatte er noch Schulmusik studiert und unterrichtete am Pfullinger Schiller-Gymnasium.
In der sonntäglichen Messe in Terenten war bereits das eine oder andere Mal ein “Reutlinger Jugendchor” in Erscheinung getreten. Seit 1981 gestaltete dieses, aus Mitgliedern des Jugendorchesters gebildete, Vokalensemble die Gottesdienste mit aufwendigen Orchestermessen. Rainer Schmid kamen hier seine langjährigen Erfahrungen als Leiter eines katholischen Kirchenchors zugute. Seine Initiative wurde von den Terentenern begeistert aufgenommen.

Beim Herbstkonzert 1981 dirigierte er die 5. Sinfonie von C. P. E. Bach, das D-Dur Violinkonzert von Mozart mit Wolfgang Brodbeck und Schuberts Fünfte. Einer der Höhepunkte des Jahres 1981 war die Matinée in der Zelle. In den als Jugendclub genutzten Fabrikhallen erklang zum erstenmal vormittags Musik und zum ersten Mal klassische Musik. Es sollte nicht das einzige RJO-Konzert in der Zelle bleiben.

Die Camerata ‘82 trat 1982 erstmals in Erscheinung. Sie setzte sich aus Ehemaligen des Jugendorchesters zusammen und spielte unter Leitung von Jörg Huber im Georgensaal. 1983 konnte die Phalanx auf zehn Jahre samstäglichen Stadtbummel zurückblicken. Die Aufmärsche auf der Reutlinger Wilhelmstraße waren allerdings immer weniger geworden und die Cafébesuche im Café Finckh immer ausgedehnter. Es gab sogar den Brauch, Urlaubsgrüße (selbst vom Lichtenstein) ins Café Finckh zu senden.
Urs Barchert hatte Brodbeck als Konzertmeister abgelöst.

Rainer Schmid erweiterte Zug um Zug das Repertoire des Orchesters um späte sinfonische Werke der Wiener Klassik und romantische Werke. Hierzu vergrößerte er den Bläsersatz des Orchesters und band ihn regelmäßiger in Proben ein. Mit dieser Entwicklung stiegen natürlich auch die Ansprüche. Bis 1999 konnte er alle späten Haydnsinfonien, alle späten Mozartsinfonien und bis auf die zweite, dritte und die neunte, alle Beethovensinfonien einstudieren und aufführen.
“Grandioso” sagte 1984 ein neunzigjähriger Italiener, als er das Jugendorchester in Terenten hörte. Er war noch unter Toscanini Konzertmeister an der Mailänder Scala gewesen.
Im selben Jahr schlief auch die Tradition der Mariaberger Konzerte ein. Ein letztes Mal fuhr das Jugendorchester auf die Alb. Es waren mittlerweile zu viele Musiker für die engen Räumlichkeiten geworden. Noch heute kommen aus Mariaberg Anfragen an die Junge Sinfonie.
Unterdessen übernahm Gunhild Liebchen die Stimmführerschaft der ersten Geigen.

1985 begleitete das Jugendorchester Klaus-Peter Hahn beim Cellokonzert von Dvoràk. Hahn war in den fünfziger Jahren noch Orchestermitglied gewesen und ist heute (als Musikprofessor) einer der großen Cellisten in der Region.
Im Herbst 1986 wurde Andreas Jetter neuer Leiter des Nachwuchsorchesters. Beim Silvesterkonzert 1986 durfte das Publikum mitsingen: “Lust hab’ ich g’habt zuer Musica” von Ludwig Senfl.

Am 10. Januar 1987 spielte das RJO zum erstenmal in Metzingen zum Neujahrskonzert auf. Im Laufe der Jahre wurde es immer wieder gebeten, an den damaligen Erfolg anzuknüpfen und nach Metzingen zu kommen. Magdalene Kautter hieß die neue Konzertmeisterin des Jugendorchesters.
Zum Frühjahrskonzert konnte wieder einmal ein namhafter Solist gewonnen werden: Wolf Dieter Streicher (der Sohn des berühmten Kontrabassisten) Konzertmeister am Stuttgarter Staatstheater und Mitglied im Trio Parnassus. Mit ihm spielte das Jugendorchester das Violinkonzert von Max Bruch.

Im Jahr 1989 konnte das Reutlinger Jugendorchester auf 40 Jahre Geschichte zurückblicken. Mit einem netten Brief (“Liebes Fossil!…”) wurden ehemalige Mitglieder angeschrieben. Sie konnten dann beim Festkonzert die erste Sinfonie von Brahms mitspielen. Die Zeitungskritik sprach ob der vielen Streicher von einem erdigen, celloartigen Klang der Geigen. Desweiteren erklangen das 4. Klavierkonzert von Beethoven mit Patric O’Byrne und “Soli siamo noi tutti” von Joram Paporitz, womit Rainer Schmid den Auftakt zu einer neuen Entwicklung im fünften Jahrzehnt des Orchesters gab.

 

1990

Die neunziger Jahre

Schmid hatte erkannt, daß es auch mit dem Jugendorchester möglich war, wirklich zeitgenössische Werke zu erarbeiten. Er begann, kontinuierlich in diese Richtung weiterzuarbeiten. Bald zeigte sich auch, daß seine Begabungen nicht nur im pädagogischen oder interpretatorischen Bereich lagen, es gelang ihm auch, kontrastreiche Konzertprogramme voller Gegensätze so zusammenzustellen, daß sich für die Hörer ein Zusammenhang und damit Ausgewogenheit ergab.

1990 fuhr das Jugendorchester nach langer Zeit wieder einmal nach Roanne. Dort und in Charlieu wurden beeindruckende Konzerte gegeben. Die Aufführungen des Beethoven Violinkonzertes mit der Keltschschülerin Magdalene Kautter als Solistin gelten als einer der bisherigen Höhepunkte der Ära Rainer Schmid. Nun gab es gleich drei Konzertmeisterinnen, nämlich Susanne Handwerk, Ruth Haffner und Claudia Pfister.
Zum Silvesterkonzert wurde erstmals eine (kleine) Oper aufgeführt: “Bastien und Bastienne” von W. A. Mozart. Mit Anne Munding und Andreas und Hansmartin Jetter, beide ehemalige Orchestermitglieder, in den Hauptrollen. Die Kritiker waren ob des Witzes, mit dem musiziert und gespielt wurde, begeistert.

Das Kontrabasskonzert von Serge Koussevitzky mit Michael Rieber im Juni 1991 ist vielen durch Riebers überragende Virtuosität in Erinnerung. Der Kontrabassist aus den Reihen des Orchesters ist inzwischen erster Solokontrabassist in München. Zum Herbstkonzert konnte abermals mit hervorragenden jungen Solisten musiziert werden. Christine Busch und Norbert Pfister (der als Orchestermitglied von Angelika Hamm und Peter Hahn – beide ehemalige RJO-Cellisten – unterrichtet wurde) spielten das Doppelkonzert für Violine, Violoncello und Orchester von Brahms. Nach der Pause spielte das Jugendorchester Schuberts 4. Sinfonie. Immer häufiger gelang es Rainer Schmid, für die Konzerte Solisten der Spitzenklasse zu gewinnen, die das Orchester mitreißen konnten.
Nikolaus Norz übernahm die Stelle des Konzertmeisters. Im Sommer 1993 wurde Susanne Littmann Leiterin des Nachwuchsorchesters.

Zunehmend wurde das Orchester zum aufmerksamen Begleiter für große Chöre. Bei romantischen Chorkonzerten, wie der Aufführung des Deutschen Requiems von Joh. Brahms mit dem Chor des Quenstedtgymnasiums Mössingen. Für die Chorleiter war es eine große Hilfe, junge, gut aufeinander eingespielte Orchestermusiker zur Unterstützung ihres Chores zur Verfügung zu haben.
Inzwischen war Carola Griesbach Konzertmeisterin des Jugendorchesters geworden.

Im Jahre 1994 hatte Schmid nach eigenen Berechnungen bereits zwei Jahre seines Lebens nur dem Jugendorchester gewidmet (alle Arbeitsstunden zusammengezählt!). Irgendwann, Anfang der neunziger Jahre, kam es immer mehr in Mode, zur schwarz-weißen Konzertkleidung rote Socken anzuziehen. Bald erschien fast das ganze Orchester mit roten Socken zum Konzert. Nachdem die Mode abgeebbt war, machte das Nachwuchsorchester die roten Socken zur Pflichtkleidung.

Nach teilweise heftiger Diskussion, beschloß das Reutlinger Jugendorchester 1995, sich in „Junge Sinfonie Reutlingen“ umzubenennen. Einerseits war das Orchester über die Jahre tatsächlich zu einem großen Sinfonieorchester geworden, andererseits wurde die Bezeichnung Jugendorchester den gewachsenen Qualitätsansprüchen nicht mehr gerecht. Da das Nachwuchsorchester ebenfalls den Titel Junge Sinfonie führte, wurde (kleingedruckt) immer noch zwischen Jugendnachwuchsorchester und Jugendorchester unterschieden.

Beim Silvesterkonzert des Jahres spielte die heute zur Weltspitze zählende (und schon damals weithin bekannte) Uta Weyand beim G-Dur Konzert von Ravel den Klavierpart. Es ist bestimmt kein Zufall, daß sich immer wieder namhafte Solisten fanden, um mit den Jungsinfonikern zu musizieren.

In den späten 1990er Jahren entwickelte sich die Tradition, in Terenten nach der sonntäglichen Messe, vor dem Raffalthof die Brandenburgischen Konzerte von Bach zu spielen. Das Foto aus späteren Jahren beweist: Diese Tradition wurde beibehalten.

Paula Stark folgte Carola Griesbach als Konzertmeisterin 1997. Mit dem “Aquarell” für 24 Streicher von Edison Denisov war beim Sommerkonzert auch wieder die Avantgarde vertreten. Feinstarbeit am Ton und äußerste Perfektion bescheinigten die Kritiker dem Orchester für die Interpretation dieses hochgradig komplizierten und schwierigen Stückes.

Im Jahr 1998 wurde mit Blick auf das 50 jährige Jubiläum (auf Veranlassung von Rainer Schmid) ein Gremium gebildet. Es soll den Dirigenten aber auch zukünftig etwas entlasten. Von jeder Streichergruppe und von den Bläsern wurden zwei Vertreter gewählt (auch die drei Kontrabassisten waren durch zwei Mann vertreten). Erster Orchestervorsitzender der Jungen Sinfonie Reutlingen wurde Martin Riehle. Der Zeitaufwand war für den Leiter des Orchesters von Jahr zu Jahr größer geworden. Allein geeignete Probentermine zu finden war schon schwierig, da immer mehr Mitglieder weit entfernt studieren mussten oder durch ihre Arbeit unflexibel wurden. Hinzu kam ein drängendes Nachwuchsproblem, da in den Städten um Reutlingen immer mehr Jugendorchester entstanden. Da diese oftmals Musikschulorchester waren und damit einen finanz- und Nachwuchs sichernden Träger hatten, wurde der Konkurrenzdruck größer.

Konzertmeisterin im Jubiläumsjahr 1999 war Anja Hillmann.

So lautet das Schlusswort der Chronik zum 50-jährigen Jubiläum: „Wir hoffen, dass es unserem Orchester gelingt, mit allen Problemen fertig zu werden und 2024 auf ein 75-jähriges Bestehen zurückblicken zu können. Noch sind die 75 Jahre nicht ganz erreicht. Doch das 70-jährige Jubiläum lässt positiv in die Zukunft blicken.

2000

Im Jahr 2000 ließ das Orchester zum Sommer die 7. Sinfonie von Beethoven erklingen. In Terenten wurde Tschaikowskis Violinkonzert einstudiert. Inzwischen war Carolin Müller Konzertmeisterin. Friedel Treutlein übernahm die Leitung des NWO. In Terenten etablierte sich ein „Mecki-Fest“, das zum gemeinsamen Grillen und später zum Bunten Abend wurde.

2001 feierte Rainer Schmid sein 20-jähriges Jubiläum als Dirigent des Jugendorchesters. Die Christel-GuthörleStiftung begann das Orchester finanziell zu unterstützen, immer wieder spielen hochkarätige Stipendiaten der Stiftung Solo-Konzerte mit der Jungen Sinfonie Reutlingen.

In Terenten gründete sich die Band „Los Terentinos“. Schlagwerk, Gitarren, Keyboard, Posaunen und Trompeten sorgten für Stimmung und erfreuten die Zuhörer auf verschiedenen Events in Terenten (Dorffest!) und Umgebung.

Anfang der 2000er Jahre gaben einige Orchestermitglieder immer wieder Kammerkonzerte in der Pfullinger Kirche.

2002 stand der Probenaufenthalt in Terenten wieder im Zeichen Dvořáks – dieses Mal wurde die Sinfonie Nr. 9 einstudiert. Inzwischen war Susanne Gauckler Konzertmeisterin. 2003 konzertierte Timo Kächele als Solo-Posaunist (Launy Grøndahl). 2004 folgte ein weiteres Solokonzert, diesmal das Cellokonzert in h-moll von Dvořák mit Solist Georg Dettweiler, der inzwischen Mitglied des Kammerorchesters Basel ist. Das JuSi fand im selben Jahr heraus: Alle Mitglieder passen in Terenten ins Bädle.

Für die Proben zum Sommerkonzert fuhr das Orchester zum ersten Mal ein Wochenende nach Weikersheim (eine Tradition, die es mit einigen Unterbrechungen beibehielt). Mit im Gepäck: Arvo Pärt „Wenn Bach Bienen gezüchtet hätte“, Johannes Brahms` Doppelkonzert für Violine und Violoncello a-Moll sowie Felix Mendelssohns Sinfonie Nr.4 „Italienische“.

Immer wieder begibt sich Rainer Schmid auf die Suche nach besonderen und wenig bekannten Werken. So spielten die Musiker im Sommer 2005 die Sinfonie Nr. 1 in c-Moll des dänischen Komponisten Niels Wilhelm Gade und an Silvester ein Bläserquintett mit Orchester von Jan Koetsier.

Benjamin Liebrich übernahm das Amt des Orchestervorstands.

2006 übte das Orchester in Terenten das Konzert für Pauke und Orchester von Nicolai Thärichen ein, Solist war Steffen Kuhn. Das Sonnendorf in Südtirol zeigte wieder einmal seine Wirkung und regte zu wahren Meistergedichten an (zahlreiche, auch spätere, Beweise finden sich im Terentenbuch).

2007 brachte die Junge Sinfonie im Sommer „Vier Stücke für Kammerorchester“ von Karl Michael Komma auf die Bühne. Christian Stirnkorb wurde neuer Orchestervorstand.

Im Sommer 2008 wagte sich das Orchester mit der Ouvertüre „Gefaltete Zeit“ von Isabel Mundry erneut an Musik zeitgenössischer Komponisten. In Terenten übten die Musiker die „Große C-Dur“ Sinfonie von Franz Schubert ein. Milena Mittelbach übernahm das Amt der Konzertmeisterin.

2009 wurde das Orchester 60 Jahre alt. Dazu erklangen im Sommer „Les heuers persanes“ von Charles Koechlin, das Violinkonzert „Dem Andenken eines Engels“ von Alban Berg und Robert Schumanns Sinfonie Nr. 3 „Rheinische“. Bei einer Feier im Kaffeehäusle stießen die Musiker auf den runden Geburtstag an. Im Herbst standen Friedrich K. Waneks 4 Grotesken für Blasinstrumente, Erich Saties „Jack in the box“, Johannes Brahms´2. Sinfonie und die Fantasia für Streichorchester von Hans Werner Henze auf dem Programm, an Silvester Paul Hindemith´ Tuttifäntchen, Ermanno Wolf-Ferraris Englischhornkonzert und Kurt Weills Sinfonie Nr. 2.

Anna-Lena Kurtz und Ina Metzger übernahmen das Vorstandsamt.

2010

2010 übernahm Andreas Medler für ein Jahr die Probenarbeit und brachte mit dem Orchester im Herbst Beethovens Fidelio-Ouvertüre, Robert Schumanns Bilder aus Osten und Dvoraks 7. Sinfonie auf die Bühne. Die neue Saunalandschaft des Raffalthofs wurde begeistert aufgenommen. Berenike Jochim wurde zum neuen ersten Vorstand gewählt. Das Amt eines zweiten Vorstands übernahm Regina Schidel. Konrad Heinz wurde neuer Dirigent des NWO.

2011 stand Rainer Schmid wieder am Dirigentenpult und feierte sein 30-jähriges Jubiläum als Maestro. Einige Musiker der Jungen Sinfonie fuhren nach Roanne und spielten gemeinsam mit den Musikern der dortigen Musikschule ein „Open Air“ Konzert. Der Gegenbesuch folgte. Marius Schifferdecker, inzwischen ebenfalls Berufsmusiker, spielte im Herbst desselben Jahres mit dem Orchester das Konzert für Oboe und Orchester KV 314 von W. A. Mozart. Cornelia Prauser sprach zu B.A. Zimmermanns „Die fromme Helene“.

Im Terentenbuch tummeln sich 2012 Ungeheuer und illustrieren Arthur Honeggers „La Tempête“. Georg Dettweiler war erneut als Solist dabei und spielte das Cellokonzert von Camille Saint-Saëns.

Mit Smetanas Moldau, einem Trompetenkonzert von Arutjunjan (Solist Alexander Flamm), Honeggers Pacific 231, Schickeles Unbegun Symphony, den Bachinas Brasilieras für Sopran und Cello-Orchester (Solistin Ulrike Härtner) und diversen „Surprises“ nahm die Junge Sinfonie Abschied von der Listhalle – ihrem langjährigen Konzerthaus, das abgerissen wurde. Das Programm des Silvesterkonzerts erklang erneut beim Neujahrskonzert der Volksbanken in Hechingen.

2013 weihten die Musiker die Stadthalle beim Sommerkonzert mit einer Uraufführung von Finks Sinfonie – bei dem die Töne zunächst ein so tun als ob sind – dem Klavierkonzert in G-Dur von Ravel (Solistin Nathalie Glinka) und Glasunows 7. Sinfonie in F-Dur (Pastorale) ein. Beim Herbstkonzert zeigten wieder Musiker aus den eigenen Reihen ihr Können. Amelie Schirmer und Marius Schifferdecker spielten von Antonio Salieri ein Konzert für Flöte, Oboe und Orchester. Neues Probenmotto aus Terenten: Konkurrenzpiano. Amadeus Heinz und Hannah Stuhlinger wurden zum neuen Vorstand gewählt.

„Die sommerlochträumenden Melancholisten“ (Zitat Rainer Schmid) waren 2014 in Terenten anzutreffen. Wieder begeisterte ein JuSi-Mitglied als Solistin: Anne Mauz spielte das Cellokonzert in e-moll von Edward Elgar. Hinzu kam die dritte Sinfonie von Brahms und eine Uraufführung von Pavel Klimashevskys “Decemberdy“, das er eigens für das Orchester komponiert hat. In Terenten spielt erstmals ein zweites Fagott aus dem Ort mit – Benjamin Schmid. Dass das Orchester auch singen kann, stellt es immer wieder unter Beweis, so auch beim Silvesterkonzert 2014 mit „Du, lass dich nicht verhärten“ von Wolf Biermann in einer Bearbeitung von Gunnar Eriksson für vierstimmigen Chor.

2015 stand wieder im Zeichen Brahms´ (Sinfonie Nr. 1). Weitere Ereignisse: „Z`Gosbach im Ochsen“ erhielt zwei neue Strophen, die Terenten-Hymne „Arrividerci, mein Herzi“ (die Verantwortlichen sind ebenfalls im Orchester zu finden) wurde zum ersten Mal gesungen und ist seither fester Bestandteil des Orchesterrepertoires. Maria Eiche wurde neuen Dirigentin des NWO. Anke Kumbier übernahm von Hannah Stuhlinger eines der Vorstandsämter.

2016 feierte die Gesellschaft der Musikfreunde (GdM) ihr 50-jähriges Bestehen.

Es ist an der Zeit, erklärte die Junge Sinfonie im Sommer 2017 und führte das von Pavel Klimashevsky fürs Orchester arrangierte Stück über Hannes Waders Antikriegslied erstmals auf. Isabelle Haas wurde neue Konzertmeisterin.

2018 hatte sich Dirigent Schmid wieder etwas ganz Besonderes ausgedacht: das Vorspiel zur Ballett-Pantomime „Das Jüngste Gericht“ von Hilding Rosenberg und die Zweite (Indianische) Suite von Edward Macdowell. Orchestermitglied Julia Hinger überzeugte als Gesangs-Solistin. Johanna Schwille und Benedikt Dorfner übernahmen das Amt des Vorstands. Seit einigen Jahren setzt sich das Gremium aus Mecki, zwei Vorständen, den Stimmführern sowie drei Beisitzern zusammen. Zusätzlich werden verschiedene Ämter an Orchestermitglieder vergeben.

Zu ihrem 70. Geburtstag wagt sich die Junge Sinfonie 2019 an Mahler 1. Knapp 100 Musiker, aktive und ehemalige Mitglieder zusammen, bringen unter Leitung von Rainer Schmid das Werk in der Stadthalle zum Erklingen und beweisen damit, wie weit Mecki das Orchester in seinen 38 Jahren als Dirigent gebracht hat.

Junge Sinfonie Reutlingen

Rainer M. Schmid

Was wäre das Orchester ohne seinen ehemaligen Dirigenten, ohne Rainer Schmid, unseren Mecki? Dank seiner intensiven Vorbereitung, den Gedanken, die er sich bei der Zusammenstellung der Konzertwerke macht (die jedes Mal auf Begeisterung trifft), seinem Mut, auch ungewöhnliche Stücke mit den Musikern anzugehen und seiner unnachahmlichen Art, das, was in den Kompositionen steckt, zu vermitteln, ist die Junge Sinfonie zu dem geworden, was sie heute ist – ein Laienorchester, das als Klangkörper seines gleichen sucht und dabei das allerwichtigste nie vergisst: Mit Freude und Mut zu musizieren.

1946 in Bad Urach geboren, in Reutlingen aufgewachsen, machte Rainer M. Schmid mit 13 Jahren seine ersten Konzerterfahrungen als Oboist im Reutlinger Jugendorchester. Mit siebzehn studierte er bereits an der Musik­hoch­schule Stuttgart Orchester­musik, Haupt­fach Oboe. Es folgten Konzert­tätig­keiten in verschiedenen Orchestern, z. B. Staats­theater Stuttgart, Camerata Academica Salzburg, Heilbronner Kammer­orchester, Pforzheimer Kam­mer­orchester u.a.m. mit Konzert­reisen durch halb Europa. Später stu­dierte Rainer M. Schmid Schul­musik, Musikwissen­schaft und Geschichte und erhielt Dirigier­unterricht, u.a. bei Prof. Hans Grischkat und Prof. Wolfgang Gönnenwein. Bis 2010 war er Musik­lehrer am Pfullinger Gym­nasium und an der Musikschule Reutlingen, siebzehn Jahre leitete er den Reutlinger Chor St. Andreas. Ganze 40 Jahre lang leitete, inspirierte und prägte er die Junge Sinfonie Reutlingen und trug maßgeblich zu Ihrer Entwicklung bei, hin zu einem kompletten Sinfonieorchester mit breitestem Repertoire. 

2020

2021 übernimmt Konrad Heinz die Leitung der Jungen Sinfonie von Rainer (Mecki) Schmid.

Terenten, unsere zweite Heimat

Eigentlich scheint es unmöglich, das Gefühl Terenten in ein paar wenigen Worten zusammenzufassen. So viele schöne (musikalische) Erinnerungen und Geschichten verbergen sich hinter dem Ortsnamen dieses schmucken Südtiroler Dörfchens, hoch oben im Pustertal.

Längst, und damit sind stolze 53 Jahre gemeint, hat sich Terenten in die Herzen unseres Orchesters gespielt und ist von dort im jährlichen Rhythmus nicht mehr wegzudenken.

14 erfrischende Tage verbringt die Junge Sinfonie alljährlich Ende August in der Pension Raffalthof, zwischen Bauernhof, Bädle, Sauna, Barbetrieb und Vollpension eine Bleibe, wie man sie sich besser nicht vorstellen kann.

Natürlich wird dabei auch geprobt, sowohl in den Stimmgruppen als auch im Tutti. Als Probenräumlichkeit dient das Terner Dorfgemeinschaftshaus, günstig gelegen zwischen Kneippbecken, Spar und der Cafébar im Wirtshaus `Zum Hasen´. Klar, dass es sich das Orchester in den Pausen nicht nehmen lässt, die örtliche Wirtschaft ein wenig anzukurbeln. Egal ob Hugo, Cappuccino oder Nervennahrung, man wird sofort fündig.

Meist gegen halb 10 macht sich das Orchester zu Fuß auf den Weg zur Probe durch den Ort. Die wenigen PKW-Plätze privat angereister Orchestermitglieder sind dabei heiß begehrt, (überladene) Cello-Taxis haben in Terenten definitiv Hochkonjunktur.

Pünktlichkeit zahlt sich bei den Proben aus, sonst droht das Kneippbecken, aber dazu später mehr.

Wenn schließlich gestimmt ist, die ersten Orchester-Klänge durchs Dörfchen ziehen und überraschte Wander-Urlauber eine kurze Hörprobe genießen, scheint es ein perfekter Spätsommer-Tag zu werden. Übrigens fremd sind wir in Terenten schon lange nicht mehr. Mit Benjamin Schmid haben wir sogar aktive Terner Unterstützung in unseren eigenen Reihen.

Mecki verlangt intensive Probenarbeit. Gut, dass es dann gegen 12.30 Uhr ein üppiges Mittagessen gibt, Nachtisch inklusive, versteht sich. In der Mittagspause darf gebadet, geschlafen, gesportelt oder sonst was gemacht werden. Obwohl sonst gern gesehen, ist musizieren dann strengstens verboten.

Genießer zieht es bei gutem Wetter zu einem hausgemachten Berg-Cappuccino auf den Hauerhof, einen kleinen Bergbauernhof oberhalb von Margen, nur für versierte PKW-Fahrer erreichbar. Manch einer mag hier auch schon hochgeradelt sein.

Hartgesottene verziehen sich ins malerische Winnebachtal zum Gumpen, dem wohl kältesten Gebirgsbach seit es Gebirgsbäche gibt. Sobald der Bach mit genügend Steinen aufgestaut ist, darf man – verbunden mit einem Urschrei – ins kühle Nass springen, zumeist nur für wenige Sekunden.

Nachmittags geht es wieder an die Musik, in Stimm- oder Tuttiproben. In Ermangelung anderer Proberäume kann man dabei an den ausgefallensten Orten Musiker antreffen. Ob Gartenhütte, Obstwiese oder Balkon, an allen Ecken und Enden tönt und werkelt es.

Den Abend verbringt man, je nachdem ob es draußen Winter oder Sommer ist, in der Sauna oder auf dem Hof unter sternenklarem Berghimmel. Wer sich dabei zu lange in Zweisamkeit wiegt, läuft Gefahr, im orchestereigenen Terenten-Buch auf der Gerüchte-Seite zu landen – ein zentrales Phänomen der zweiwöchigen Aufenthalte. Dass die teils süffisanten Gerüchte ganz und gar nicht an den Haaren herbei gezogen sind, unterstreichen die bestehenden Orchesterpärchen und -Ehen.

Besondere Höhepunkte bilden das Dorffest und das Tischkicker-Turnier. Da entladen sich die Emotionen so richtig. So mancher wurde hier zum Tier, so mancher lernte hier das Fluchen. Ist ja auch nicht zum Aushalten, wenn immer die gleichen gewinnen.

Am 2. Sonntag des Aufenthalts wird es dann zum ersten Mal ernst. Früh morgens um 9.00 Uhr quetscht sich das kurzerhand zu einem gemischten Chor umfunktionierte Orchester, abgesehen von einer kleinen Streicherbesetzung, auf die Empore der Pfarrkirche St. Georg und gibt eine kleine Messe zum Besten. Im unerschöpflichen Fundus des Orchesters ist dabei auch jedes Mal einer, der die Orgel „tritt“.

Zwei Dinge sind dabei seit jeher gleich: 1. Zum Auszug gibt’s eine mit frenetischem Applaus gefeierte Stadionversion von Händels Halleluja. 2. Die Artikulation der Sängerinnen und Sänger ist zum Leide des Dirigenten immer schwäbisch angehaucht.

Was für die Terentner und ihre Sommerferiengäste ein kulturelles „Schmankerl“ darstellt, ist für das Orchester oft eine aufregende und anstrengende Sache: Nach einer Woche intensiver Probenarbeit steht am Montagabend das traditionelle Konzert im Dorfgemeinschaftshaus an. Wenn die Finger geölt, die Jungs geschminkt (Sie lesen richtig) und die Bäuche mit Schlutzkrapfen (extrem leckerer Südtiroler Maultaschenvariante) gefüllt sind, kann das Orchester einmal zeigen, was in den letzten 10 Tagen gewachsen ist. Vor dieser Aufführung nutzt der Vorsitzende des örtlichen Tourismusvereins die Gelegenheit, besonders treue Terenten-Urlauber auszuzeichnen. Ehrensache, dass der Rekord mit über 50 Jahren von unserem Dirigenten gehalten wird.

„Ein Aufenthalt in Terenten ohne Bergtouren, undenkbar“, könnte man sagen und viele würden zustimmen.

Nämlich jene, die nach der Konzertnacht zu einer zweitägigen Bergtour inklusive Übernachtung auf einer Berghütte aufbrechen, obwohl sich die meisten Wanderwilligen Streichhölzer zwischen die Augen klemmen müssen, um wach bleiben zu können. Manch bedeutender Gipfel in der Gegend wurde so von Seilschaften und Wandertrupps schon erklommen.

Wem das immer noch zu viel Schlaf ist, der steht nachts um drei auf und „rast“ mit

Taschenlampen und Kamera ausgerüstet auf die Eidechsspitze, dem Terentner Hausberg, nur um pünktlich bei Sonnenaufgang um sechs Uhr die (hoffentlich) atemberaubende Aussicht kurz genießen zu dürfen, bevor es dann zum Frühstück schnurstracks wieder bergab geht. Von der Normalbevölkerung bekommt man hierfür gern mal den Vogel gezeigt, weshalb es ratsam ist, sich nicht über drohenden Muskelkater zu beschweren. Wilde Gerüchte ranken sich auch um die kürzeste (Rekord)-Besteigung der „Eidechs“.

Die Bergtour-Verweigerer genießen zwei entspannte Tage mit Schnitzel-Wettessen oder improvisierten Straßenmusikauftritten in Brixen oder Bruneck.

Ein paar Worte müssen wohl auch zu den orchestereigenen Traditionen verloren werden. Unzählige gibt es hiervon, manche haben sich sicherlich verändert, sind gereift oder auch vergessen worden. Einen besonderen Service lässt sich das Orchester aber nicht nehmen: die Weckmusik. Beginnend um 07.30 Uhr im dritten Stock werden durch wechselnde Kammermusikbesetzungen die friedlich Schlafenden sanft geweckt. Wobei „sanft geweckt“ in diesem Fall aufgrund obskurer Neu-Interpretationen verschiedener Werke ein ziemlich dehnbarer Begriff ist.

Wie Sie merken, läuft nicht alles rund in Terenten. Muss es aber auch nicht. Man hätte sonst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weniger zu lachen. Und eine eigene Gerichtsbarkeit existiert seit jeher in Terenten sowieso. Schlägt jemand in besonders schlimmer Weise über die Stränge (zur spät zur Probe, Neuwahl eines Amtes, schlechter Scherz, etc.), wird er kraft souveräner Willkür von zwei bis vier Scharfrichtern ins Bädle geschmissen. Ein Spektakel, das Zuschauer aus dem ganzen Haus anzieht. Das gleiche Schicksal ereilt übrigens alle, die das erste Mal nach Terenten mitkommen, mit dem feinen Unterschied, dass man das dann liebevoll „Taufe“ nennt. (Text: Benedikt Dorfner)