Reutlinger Generalanzeiger, 03.01.2012

Feuerwerk im Saal

REUTLINGEN. Was für ein Finale! Was für eine tolle Zugabe! Da hatten sich die Junge Sinfonie mit ihrem Leiter Rainer M. Schmid einen Silvesterkracher der Sonderklasse ausgedacht. Einen Mix aus Walzer, Marsch (Radetzky, der muss es sein) und Galopp, dazu kleine Showeinlagen des Orchesters, alles zusammen mit Witz und bester Laune präsentiert: Die Listhalle jubiliert. Noch mal die Zugabe der Zugabe – und die Begeisterung hört nicht auf. Das Feuerwerk hat im Saal stattgefunden.

Das gesamte Silvesterkonzert der Jungen Sinfonie ist eine Reihe von Höhepunkten gewesen. Des mit großer Spielfreude und bewundernswertem Können, mit Präzision und Elan musizierenden Orchesters wegen mit seinen Klasse-Bläsern und seinen hervorragenden Streichern, dann der beiden famosen Solisten wegen, des mit freundlicher, mitreißender Energie das Ganze zum Klingen bringenden Rainer M. Schmid wegen und aufgrund des originellen Programms, das zum Volltreffer wurde.

Bernsteins Ouvertüre zu »Candide« hat das Orchester mit Schwung und Witz musiziert. Mit Lust am Rhythmus und einem flotten Schmelz. Klangvoll lebhaft und perfekt organisiert in einer konstanten Deutlichkeit bis hin zu dem exakten Fortissimo-Schlusspunkt. Der saß mit Wucht und Pracht.

Bleiben wir vorerst beim Orchester. Den Galopp aus Kabalewskis »Komödianten« nimmt die – jetzt etwas verkleinerte – Junge Sinfonie charmant und spritzig. Mit liebevollen frechen Details, etwa der Flöten, und insgesamt mit einer beschwingten Virtuosität. Schwergewichtig hebt sich dagegen Tschaikowskis Ouvertüre »Das Gewitter« ab. Da blitzt und kracht es. Das Dunkle, Schwermütige meldet sich mit sinfonischer Breite, aber auch der erlösende Gesang ist da. Die Junge Sinfonie, nun wieder in voller Größe, hat dieses ein wenig zähe Stück intensiv und kontraststark wiedergegeben. Ein Klanggemälde voller Schicksalslast. Druckvoll und weiträumig musiziert.

Hochbegabte Solisten

Desweiteren hat sich das Orchester als musikalisch hellwacher Begleiter profiliert, der seinen beiden Solisten ein ebenbürtiger Partner gewesen ist, dessen feine klangliche Differenzierung besonders gefallen hat. Klar, dass sich die Junge Sinfonie bei zwei so hochbegabten jungen Solisten, die beide von der Christel-Guthörle-Stiftung gefördert werden, nicht lange bitten lässt. Sie musiziert mit ihnen auf Augenhöhe.

Max Eisenhut bläst Nino Rotas Posaunenkonzert von 1966 tonschön und tonstark. Impulsiv in den kleinen signalartigen Motiven. Ausdrucksvoll und profiliert zugleich. Mit großer dynamischer Spannweite. Farbig und vor allem im letzten Satz mit einer fröhlichen Virtuosität, in der sich die fabelhafte Technik des jungen Posaunisten zusammen mit seinem runden und – wenn gefordert – auch stämmigen Ton bewährt.

Im Konzert für Marimba und Streichorchester von Sejourne von 1961 verblüfft Kai Strobel mit seinem phänomenalen Spiel, das der Marimba Schönheit und Kraft in Fülle und Tiefe zukommen lässt. Er ist in diesem mal lyrisch, mal ernst gestimmten Konzert Poet, Tänzer und Athlet zugleich. überrascht mit seiner geradewegs explosiven Virtuosität und versenkt sich in die sinnlich zarten, ja fast magischen Klangwelten des Instruments mit feinstem Tongefühl. Eine hochmusikalische und spieltechnisch exzellente Wiedergabe, für die Kai Strobel Riesenbeifall erhielt. Er hat auch das Orchester daran teilhaben lassen. (GEA, hdw)