Schwäbisches Tagblatt, 12.11.2007

Mit dramatischer Wucht

METZINGEN. Mit den 100 Chorsängern der beiden Kantoreien und der etwa 50-köpfigen Besetzung der Jungen Sinfonie Reutlingen stand Stephen Blaich und Bettina Gilbert ein zwar monumentaler, dabei aber wendiger Klangkörper zur Verfügung. Nicht zäh oder schwerfällig, sondern leicht und agil folgten Sänger und Musiker dem sicheren Dirigat der beiden Bezirkskantoren Stephen Blaich (Metzingen), der den ersten Teil leitete, und Bettina Gilbert (Blaubeuren), die dem zweiten Teil vorstand.

Klar und kantig formulierte der Bariton Christian Feichtmair den einleitenden "Fluch des Elias", hart und ausdrucksstark unterstützten die Bläser seine düstere Prophezeiung, mit voller Wucht und deutlicher Artikulation setzte der Chor mit seiner drängenden Klage ein. Von Anfang an wurde Felix Mendelssohn Bartholdys alttestamentliches Oratorium als musikalisches Drama umgesetzt: Nicht sanfte Verinnerlichung zeichnete die lebhafte und kontrastreiche Aufführung aus, sondern mitreißende Bewegung und eine präzise, dabei gefühlvolle Klangsprache.

Die packende Dramatik erwuchs aus engagierter Detailarbeit. Jedes Wort, jeder Satz des Chors wirkte sorgfältig erarbeitet und in der deutlichen Formulierung überzeugend, die wilde Beschwörung Baals gelang genauso durchstrukturiert und fesselnd wie das Toben des Volkszorns oder die vielstimmige und vielgestaltige Verherrlichung Gottes. Dem selben Ansatz folgt von jeher die Junge Sinfonie: Bis ins Kleinste folgen die jungen Orchestermusiker dem Notentext und fördern so packende Emotionalität und tiefgründige Aussage zutage; nichts liegt ihnen ferner als oberflächliche Glätte.

Ebenso kontrastreich und lebendig agierten die Gesangssolisten. Während die Altistin Mercedes Heim einen lyrischen Gegenpol zum lebhaften Geschehen setzte, näherte sich Jana Bartho mit ihrem quecksilbrigen Sopran fast schon der Theatralik der Oper, deren Einflüsse auch der ebenfalls tadellos agierende Tenor Alexander Efanov nicht verleugnen wollte.

Feuriger Prophet

Das Hauptgewicht des Dramas trug Christian Feichtmair. Er zeichnete einen gradlinigen, menschlichen Elias und ging dabei auch mal knapp an die Grenze des vokal Möglichen – "Es ist genug!" – zugunsten einer unmittelbar packenden Aussage- und Ausdruckskraft, als feuriger Prophet eines eifernden Gottes. Vervollständigt wurde die Solistengruppe durch die aus Dettingen/Erms stammende Sopranistin Bärbel Giebeler, die mit Jana Bartho und Mercedes Heim das Terzett "Hebe deine Augen auf" zu einem berückenden und wahrhaft himmlischen Engelsgesang machte.

Überstürzen sich im ersten Teil des Oratoriums geradezu die Ereignisse, beweist Elias hier drastisch, dass Jahwe der einzige Gott ist, steht doch im Zentrum des zweiten Teils seine Begegnung mit Gott: Durch Sturm, Erdbeben und Feuer hindurch müssen der Prophet und seine Hörer, bis Gott sich in einem sanften Säuseln naht – ein musikalisch fesselnder Moment, der durch ein Innehalten danach hätte intensiviert werden können.

Doch nach den zarten Harmonien ging es direkt weiter: Zu einem nochmals dramatisch gesteigerten Finale, das seinen jubelnden Abschluss in einer Kulmination von Dichte und Kraft fand, gefolgt von dem begeisterten Beifall des Publikums.