Stürmisch, tänzerisch – mit Herzblut dabei Umjubelt: Herbstkonzert der Jungen Sinfonie
von SUSANNE ECKSTEIN
Riesenjubel für eine großartige Darbietung: Die Junge Sinfonie begeisterte wieder mit Musizierfreude und Können. Auch Cello-Solist Georg Dettweiler.
Unter schwierigen Bedingungen geht die Junge Sinfonie unverdrossen ihren Weg. "Aber sonst gehts uns gut", hatte Orchesterleiter Rainer M. Schmid bei der Musikfreunde-Versammlung gesagt – mal abgesehen von den gekürzten Mitteln und den oftmals nicht verfügbaren Proberäumen. Musikalisch ist das Orchester unter Schmids kompetenter Leitung nach wie vor engagiert bei der Sache.
Dazu gehört unabdingbar die Auseinandersetzung mit Neuem. Dieses Mal mit dem Vorspiel "La Tempête" von Arthur Honegger, Teil einer Bühnenmusik zu einer Aufführung von Shakespeares "Der Sturm" im Jahr 1923, das einen stürmischen Herbstkonzert-Auftakt in der Listhalle bildete. In der Partitur werden – fast wie in Honeggers Schnellzug-Poem "Pacific 231" – die musikalischen Elemente unvermittelt und in dicht geschichteten Strukturen entfesselt, dass das Orchester das ungestüme Jaulen und Brausen eher diszipliniert nachzeichnete als souverän in Szene setzte.
Mitten hinein ins Geschehen versetzt einen auch das Cellokonzert Nr. 1 von Camille Saint-Saëns, der sich mit dem einsätzigen Werk von der klassischen Konzertform abwandte. Als Solisten hatte die Junge Sinfonie Georg Dettweiler gewonnen, einen "Ehemaligen", der heute als Cellist im renommierten Kammerorchester Basel tätig und oft in Europa auf Tournee ist.
Musikalisch zeigte er sich eher als Ensemblespieler denn als Solist. Mit schlankem Saitenton und flinker, geschmeidiger Eleganz passte er seinen Part ins eng verzahnte sinfonische Ganze ein, ohne sich vor dem sorgsam und kammermusikalisch durchsichtig assistierenden Orchester in den Vordergrund zu drängen. Er bewies, dass leidenschaftliche Intensität nicht überlaut sein muss; allerdings sollte die Tragweite des Tons im Raum nicht ganz außer Acht gelassen werden. Besonders hübsch gelang der Menuett-Teil, der wie auf Zehenspitzen und in lichten Pastellfarben daherkam.
Kräftige Orchesterfarben prägten dagegen Antonín Dvoráks Sinfonie Nr. 9 "Aus der neuen Welt" im zweiten Programmteil. Sie war vor zehn Jahren schon einmal von der Jungen Sinfonie zu hören, wobei damals Mängel in Dynamik und Koordination notiert werden mussten. Diesmal gelang alles präzise und prächtig als großes, bewegtes und bewegendes Klanggemälde, mit seinen farbigen Soli eher als poetische Tondichtung denn als Sinfonie.
Im ersten Satz wechselten solistische Episoden mit schlagkräftigen Tutti-Passagen, dramatische Kontraste und packende Steigerungen ließen ihn wie einen flammenden Aufruf erscheinen, die Musiker waren hörbar mit Herzblut dabei. Im zweiten Satz gab Schmid den Seinen und den Hörern viel Zeit, um das anrührende Englischhorn-Solo und die lyrischen Naturszenen ausdrucksvoll entfalten und auskosten zu können; hier hörte man Details, die sonst eher im Gesamtklang verschwinden. Gegen die Idylle wurden die tänzerischen Rhythmen des dritten Satzes gestellt, die – samt ihren Verschiebungen – akkurat auf den Punkt gebracht und nach vorn getrieben wurden.
"Auf gehts!" signalisierte der Beginn des Finalsatzes, zügig und lustvoll wechselte das Orchester zu den Tanzrhythmen. Da wippten die Füße! Das Blech rief und trumpfte auf, Naturidylle klang an, die weiträumig aufgebaute Spannung wurde genussreich zum prägnant formulierten Schluss geführt. Riesenjubel, Sonderapplaus für Holz- wie Blechbläser, eine Zugabe.
von SUSANNE ECKSTEIN, SWP, 09.10.2012