Reife Leistung
von HEIKO REHMANN
REUTLINGEN. Rhythmisches Pizzicato der Streicher und eine träumerische Melodie, gespielt von der Oboe erfüllen den Georgensaal. Dann brausen Streichersturm und Trommelwirbel durch den Raum. Die junge Sinfonie Reutlingen gab mit ihrem Silvesterkonzert in der Waldorfschule einen rauschenden Ausklang des Jahres.
García Marqués ganz auf den Effekt hin komponiertes Danzón Nr. 2 spielen die jungen Musiker mit tänzerischer Leichtigkeit und temperamentvoll zugleich. Milena Mittelbach, erste Geigerin des Orchesters, spielt ihr Solo leicht verhalten, aber sehr einfühlsam. Dem Dirigenten Rainer Schmid gelingt es, das Ensemble wunderbar rhythmisch und dynamisch durch den Abend zu führen.
In Ferruccio Busonis Divertimento für Flöte und Orchester gibt Martha Flamm mit etwas scharfem Anlaut aber einfühlsamem Vibrato das Solo auf der Querflöte. Die schnellen Läufe spielt sie mühelos, die Triller sanft und geschmeidig, während die Streicher ihre Bögen in fröhlichem Spiccato über die Saiten hüpfen lassen.
Großartiger Solist
Die berühmten ungarischen Tänze von Johannes Brahms spielt das Orchester mit der pulsierenden Dynamik und der tänzerischen Leichtigkeit, die man sich von dieser Musik wünscht. Ganz anders dagegen der Charakter von Max Bruchs träumerischer Romanze für Bratsche und Orchester. Sebastian Steinhilber an der Viola zeigt sich hier als umwerfender Solist. Mit einem leichten, fast schon schwebenden Bogenstrich gelingt ihm das Kunststück, einen vollen Ton zu zaubern, der den Saal bis in den hintersten Winkel füllt. Mit einfühlsamem Vibrato spielt er die elegischen Partien, mit Schwung die lebendigeren.
In Modest Mussorgskys "Nacht auf dem kahlen Berg" schöpft das Orchester seinen Stimmumfang voll aus und setzt die Effekte dieser spätromantischen Musik dramatisch in Szene. Ein Grollen, das aus der Ferne heranzieht und sich mit Wucht über dem Publikum entlädt. Tuba, Becken und Kesselpauken, die ein Ausrufezeichen nach dem anderen setzen und das Publikum von den Stühlen reißen. Mit einer reifen musikalischen Leistung hat die junge Sinfonie, deren allerjüngstes Mitglied gerade mal 14 Jahre alt ist, das Jahr ausklingen lassen.
von HEIKO REHMANN, GEA, 03.01.2014